Vornamen im Wandel: Die Namenstrends der letzten Jahrzehnte

Wie verändern sich Vornamen im Laufe der Zeit – und was verraten diese Trends über unsere Gesellschaft? Welche Namen begleiten uns über Jahrzehnte hinweg und welche spiegeln vor allem den jeweiligen Zeitgeist wider? Wenn wir uns die beliebtesten Vornamen der letzten Jahrzehnte anschauen, Jahr für Jahr erhoben von der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS), entdecken wir nicht nur Trends, sondern auch eine spannende Geschichte darüber, wie sich unsere Gesellschaft verändert, wie die Welt zunehmend vernetzter wird und wie sich die Namenswahl immer wieder an diesen Wandel anpasst.

1977 – die Geburtsstunde der Vornamenliste

Für den Jahrgang 1977 hat GfdS erstmals ihre Vornamenliste veröffentlicht. Damals kam man an den Namen Christian, Michael, Stefan und Daniel nicht vorbei. Die Mädchen hießen zum Beispiel Stefanie, Christina, Sandra und Melanie. Die Vornamenmode der 70er-Jahre: stark und bodenständig – nichts Aufregendes, einfach Namen, die jeder kannte. Im Vergleich zu den heute beliebten Vornamen waren die Namen länger, hatten mehr Silben, vor allem aber mehr Konsonanten. Und so viel sei verraten: Ein Klassiker der Vornamenlisten findet sich schon in diesem ersten Jahrgang – der Name Alexander. Er stand bis zuletzt durchgehend in den Top Ten.

Die bunten 80er

Ein Jahrzehnt später machte die Welt ihre ersten Schritte in die Popkultur, und das spiegelte sich auch in der Vornamenvergabe wider. Gerade bei den Mädchen wurden die Namen kürzer: Anna, Julia, Sarah und Lisa kamen in Mode – sie gesellten sich zu längeren Namen wie Katharina, Sabrina und Jennifer, die noch immer beliebt waren. Bei den Jungennamen schafften es Sebastian, Benjamin und Andreas, sich durchzusetzen, auch Patrick und Philipp gewannen an Beliebtheit. Ungewöhnlich war der Name Jan, der Ende der 80er die Top Ten eroberte: ein weiteres Anzeichen dafür, dass mit der Zeit grundsätzlich kürzere Namen favorisiert wurden.

1990er: Der große Aufbruch in die Globalisierung

Die 90er kamen, und nicht nur die Welt, sondern auch die Vornamenlisten erlebten eine Art „Globalisierung“. Durch die zunehmende Internationalisierung und den Einfluss von Hollywood und Musik aus aller Welt kamen Namen wie Vanessa und Jessica zu uns, inspiriert von Promis und Popkultur. Auch Laura und Maria stiegen immer weiter auf. Zum ersten Mal erschienen auch Sophie und Marie in den Top Ten, zwei Namen, die uns bis heute dort begleiten. „International“ waren auch Marcel und ganz besonders: Kevin. Maximilian und Lukas hatten ihren ersten Auftritt in den Top Ten – und gegen Ende des Jahrzehnts auch Leon und Paul, die uns ebenfalls noch nicht verlassen haben.

Einfluss auf die Vornamenlisten hatte in den 90er-Jahren auch die ehemalige DDR. Ein Vergleich der Namen in den alten mit jenen in den neuen Bundesländern zeigt: Der Osten war innovativer (und ist es noch heute)! Klar gab es Gemeinsamkeiten: Lisa, Julia und Sarah, Patrick, Christian und Sebastian waren überall beliebt. Umso interessanter sind die Unterschiede, gerade bei den Jungen: David, Martin, Tom, Max und Erik waren im Osten beliebt, hatten im Westen aber zunächst keine Chance. Bei den Mädchennamen war man sich hingegen erstaunlich einig. Gegen Ende der 1990er, als die beiden einzelnen Listen zusammengeführt wurden, zeigte sich: Der Osten prägte auch die Gesamtliste! So waren Namen wie Felix und Michelle unter den Top Ten klar von den neuen Bundesländern beeinflusst – Osttrends griffen also auch im Westen.

2000er: Die Zeiten ändern sich – und die Namen auch

Das neue Jahrtausend brachte dann wirklich frischen Wind. Kurz, modern und mit einer Prise Exotik – das war der Trend im ersten Jahrzehnt. Leon, Luca, Felix, Tim, genauso Leonie, Lea, Mia und Emily – alles Namen, die kurz und praktisch sind, aber auch irgendwie international klingen. Und dennoch bildeten sich auch echte Klassiker heraus: Sophie, Maria und Marie, Alexander und Maximilian haben sich in die Herzen der Eltern geschlichen und sie bis heute nicht verlassen.

Hier zeigt sich: Der Mix aus Tradition und Moderne wurde zunehmend beliebter. So standen auch Charlotte und Johanna neben Emily und Mia, David und Paul gesellten sich zu Elias und Jonas – Ausdruck einer neuen Generation, die zwischen alten Werten und neuen Strömungen balanciert?

2010er: Mehr Vielfalt, weniger Konventionen

In den 2010ern gab es plötzlich eine ganze Menge neuer, wenn auch nicht unbekannter Namen. Noah, Ben, Henry und Louis eroberten die Charts, ebenso Emilia, Hanna, Luisa und Sophia. Hier zeigte sich die Globalisierung in vollem Ausmaß! Die Vornamenwelt wurde vielfältiger, bunter und kreativer: Man wollte nicht mehr nur „traditionell“, sondern auch einzigartig sein.

Und dennoch bleibt auch Altbewährtes, wird gar neu etabliert: So sind Paul und Emma, Emil und Charlotte Vornamen, die noch vor nicht allzu langer Zeit mit der älteren Generation in Verbindung gebracht wurden – jetzt werden sie an Kinder vergeben, und das häufig!

Seit 2017: Der Blick auf Vornamen wird differenzierter

Beinahe 40 Jahre lang führte die GfdS nur eine einzige Rangliste der beliebtesten Vornamen – unabhängig davon, ob ein Name als Erst- oder Folgename eingetragen wurde (was diese Namen unterscheidet, erfährst du im Artikel „Erstnamen, Folgenamen, Rufnamen – das sind die Unterschiede“). Auch die Rückschau auf die Vornamenmoden der letzten Jahrzehnte in diesem Artikel stützt sich auf die Gesamtliste.

Seit 2017 aber schaut die GfdS genauer hin und veröffentlicht jedes Jahr drei Auswertungen: eine Gesamtliste, in der alle vergebenen Namen gerankt werden, eine Erstnamenliste und eine Folgenamenliste. Spannend ist vor allem die Erstnamenliste, denn sie zeigt die Namen, die im Alltag meist tatsächlich verwendet werden; hierin spiegelt sich der Zeitgeist besonders deutlich. Der Einfluss der Folgenamen – die in aller Regel Traditionen stärker bewahren – ist dort nicht mehr spürbar.

2020er: Die Namen von heute – global und flexibel

Die Top-Namen des aktuellen Jahrzehnts? Marie, Sophie und Maria, Paul, Matheo und Noah. Und hier zeigt sich: Die Jungennamen sind empfänglicher für Neuerungen und bestechen durch ihre moderne Schlichtheit, während die Mädchennamen sich mehr der Tradition verschreiben. Lina, Klara und Finn sind Namen, die sich in die Top Ten vorgearbeitet haben, Emil beginnt den Aufstieg an die Spitze. Und doch gibt es eine Überraschung: Maximilian und Alexander verlieren Platz um Platz – und so ist Alexander im Jahrgang 2024 erstmals nicht mehr unter den Top Ten der beliebtesten Vornamen zu finden. Ein Zeichen dafür, dass die Moderne die Tradition bzw. die Individualität die Konvention nach und nach ablöst – bis vielleicht neue Traditionen entstehen.

Aktuell im Trend

Werfen wir einen Blick auf die jüngsten Jahrgänge: Zwischen 2020 und 2024 dominieren bei den Mädchen konstant Emilia, Sophia, Emma und Mia die Listen. Auch Lina, Mila, Ella und Klara sind seit einigen Jahren Dauerbrenner – ein Beleg dafür, dass kurze, weich klingende Namen mit klarer Silbenstruktur im Trend liegen. Bei den Jungen ist Noah seit Jahren unangefochten an der Spitze, dicht gefolgt von Matheo und Leon. Namen wie Paul, Emil, Elias und Luca halten sich ebenso hartnäckig in den Top Ten. Auffällig ist der Aufstieg von Theo, der 2024 erstmals in der Spitzengruppe vertreten ist. Das Muster ist deutlich: Die aktuellen Erstnamen sind international anschlussfähig, klanglich leicht und melodisch, oft zweisilbig – und sie bleiben, einmal etabliert, erstaunlich stabil.

Fazit: Was lernen wir aus den Vornamenlisten?

Die Liste der beliebtesten Vornamen ist ein schönes Abbild der gesellschaftlichen und kulturellen Strömungen. Heute, im Jahr 2025, ist der Name viel mehr als nur ein Etikett; er ist ein Statement in puncto Individualität und Gespür für Zeitgeist – und zugleich ein Stück Geschichte. Wir sehen die ganze Bandbreite: von traditionellen Namen, die durch die Jahre getragen werden, über moderne Kreationen und „Eintagsfliegen“ bis hin zu international geprägten Formen. Ein Top-Name von heute kann morgen schon wieder aus der Mode kommen – und gleichzeitig bleibt er immer Teil der Geschichte.

Teilen:

Weitere Beiträge