Namensänderung nach dem SBGG – weniger Hürden, mehr Selbstbestimmung

Seit dem 1. November 2024 gilt in Deutschland das neue Selbstbestimmungsgesetz (SBGG). Es bringt erhebliche Erleichterungen für Menschen, die sich nicht eindeutig als Mann oder Frau fühlen – oder deren soziales Geschlecht nicht zum bei der Geburt eingetragenen Geschlecht passt. Das SBGG erlaubt ihnen, den Geschlechtseintrag künftig unkompliziert und ohne psychologische Gutachten, ärztliche Atteste oder Gerichtsverfahren ändern zu lassen – ein Bürokratieabbau im Vergleich zum alten Transsexuellengesetz: Ein einfacher Antrag reicht aus. Dieser hat einen Vorlauf von drei Monaten, bevor er wirksam wird – und so häuften sich die Antragstellungen bereits seit Ende Juli 2024.

Doch mit der Änderung des Geschlechtseintrags hängt oft noch eine weitere wichtige Entscheidung zusammen: der neue Vorname. Und genau dieser Punkt sorgte schon Monate vor dem Inkrafttreten des Gesetzes für Schwierigkeiten.

Das Problem mit den neuen Vornamen

So führte die Eintragung eines neuen Vornamens zunächst zu vielen Fragen und Unsicherheiten, besonders bei den dafür zuständigen Standesämtern. Der Gesetzestext bleibt bezüglich der Vornamenwahl nämlich sehr vage:

„Mit der Erklärung […] sind die Vornamen zu bestimmen, die die Person zukünftig führen will und die dem gewählten Geschlechtseintrag entsprechen.“ (§ 2 Abs. 2 Satz 3 SBGG)

Deshalb gingen die Standesämter auf Nummer sicher und legten die Regeln anfangs sehr streng aus – oft zum Nachteil der betroffenen Personen:

  • Personen mit dem neuen Geschlechtseintrag „männlich“ durften nur männliche Vornamen annehmen.
  • Personen mit dem neuen Geschlechtseintrag „weiblich“ durften nur weibliche Vornamen wählen.
  • Wer sein Geschlecht in „divers“ änderte oder den Eintrag streichen lassen wollte, musste einen geschlechtsneutralen, also typischen Unisex-Namen annehmen.
  • Und: Die Anzahl der Vornamen durfte nicht verändert werden.

Das führte dazu, dass zahlreiche Vornamen abgelehnt wurden. Viele Unklarheiten und entsprechende Anfragen landeten etwa bei der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS), die Standesämter und Privatpersonen in Namensfragen berät.

Das Problem: Bei Neugeborenen sind die Regelungen der Vornamenvergabe weniger strikt. Sie dürfen unabhängig von ihrem Geschlechtseintrag auch geschlechtsneutrale Namen tragen. Warum sollten dann Erwachsene nicht ebenfalls so frei wählen dürfen – zumal davon auszugehen ist, dass sie wissen, worauf sie sich mit dem neuen Namen einlassen, während ein Kind beim Namen kein Mitspracherecht hat?

Warum Gleichbehandlung bei der Namensgebung wichtig ist

Aus Sicht der GfdS und vieler Standesämter sollte die Entscheidung über einen Vornamen – egal ob für Kinder oder Erwachsene – stets nach denselben Grundsätzen erfolgen. Die meisten Regeln bei der Namensgebung zielen darauf ab, Schutz und Klarheit für die namenstragende Person zu gewährleisten: Der Name soll dem Wesen nach ein Vorname sein und niemanden bloßstellen.

Diese Prinzipien gelten unabhängig vom Alter – auch wenn Erwachsene in der Lage sind, die Auswirkungen ihrer Namenswahl selbst einzuschätzen. Genauso sollte es ihnen jedoch erlaubt sein, Namen zu wählen, die nicht im engen Sinne ihrem Geschlechtseintrag entsprechen – sie sollten also ebenfalls geschlechtsneutrale Namen wählen können, selbst wenn sie als Geschlechtseintrag „männlich“ oder „weiblich“ wählen. Personen mit dem Eintrag „divers“ oder einer Streichung sollten entsprechend auch geschlechtsspezifische Namen wählen dürfen.

„Divers“ vs. „geschlechtsneutral“

Eine zusätzliche Hürde entstand durch die Gleichsetzung der Begriffe „divers“ und „geschlechtsneutral“. Während geschlechtsneutrale Namen per Definition solche sind, die für Jungen wie Mädchen gleichermaßen vergeben werden und keine bestimmte Geschlechtszuweisung verraten, ist die Kategorie „divers“ eine bewusst offene, vielfältige Geschlechtskategorie. Nicht jede Person mit dem Eintrag „divers“ möchte zwangsläufig einen Namen tragen, der keinerlei Geschlechtszuordnung zulässt – manche wünschen sich sogar eine Kombination aus explizit männlichen und weiblichen Namen.

Mehr Freiheit und Flexibilität

Erst ein Rundschreiben des BMI (Bundesministerium des Innern) vom 24. September 2024 schuf die dringend benötigte rechtliche Klarheit und Angleichung an die Praxis bei Neugeborenen. Seitdem lautet die Regelung:

  • Wer den Geschlechtseintrag „männlich“ wählt, darf männliche oder geschlechtsneutrale Namen führen oder Kombinationen daraus.
  • Wer den Geschlechtseintrag „weiblich“ wählt, kann weibliche oder geschlechtsneutrale Namen wählen oder Kombinationen daraus.
  • Menschen, die den Eintrag „divers“ wählen oder den Geschlechtseintrag streichen lassen, haben die freie Namenswahl: Sie können männliche, weibliche und geschlechtsneutrale Namen wählen und sie auch beliebig kombinieren.
  • Auch die Anzahl der Vornamen kann verändert werden: maximal fünf sind zulässig.

Nach wie vor gilt: Eindeutig männliche Vornamen beim Eintrag „weiblich“ oder umgekehrt sind nicht möglich; ebenso sind Namen verboten, die der namenstragenden Person schaden oder sie lächerlich machen.

Fazit

Mit der Klarstellung durch das BMI zum SBGG wird die Selbstbestimmung betroffener Personen deutlich gestärkt. Die Leitlinien zur Namenswahl sind jetzt einheitlich und berücksichtigen sowohl den Schutz als auch die Selbstbestimmung aller Menschen – unabhängig von Alter oder Geschlechtseintrag.

Fragen und Antworten zum SBGG

Muss ich meinen Vornamen ändern, wenn ich meinen Geschlechtseintrag ändere?
Es kommt darauf an: nämlich sowohl auf deinen bisherigen Namen als auch auf deinen gewählten Geschlechtseintrag. Wer seinen bisherigen Namen behalten möchte, kann das tun, sofern dieser dem neuen Geschlechtseintrag entspricht: Johannes mit dem neuen Eintrag „divers“ darf also weiterhin Johannes heißen; Kim, zuvor „weiblich“ und mit dem neuen Eintrag „männlich“, darf weiter Kim heißen.

Wer allerdings seinen Geschlechtseintrag von „männlich“ auf „weiblich“ oder umgekehrt ändert und einen geschlechtsspezifischen Namen hat, muss diesen zwingend ändern: Es wird also auch fortan keine weibliche Person namens Johannes und keine männliche Person namens Sophia geben.

Darf ich mehrere neue Vornamen wählen?
Ja, seit der neuen Auslegung des Gesetzes darf auch die Anzahl der Vornamen verändert werden – es sind bis zu fünf Vornamen erlaubt.

Was ist ein Unisexname?
Unisexnamen (auch: geschlechtsneutrale Namen) sind keinem spezifischen Geschlecht zuzuordnen. Sie können von allen Personen getragen werden, unabhängig vom Geschlechtseintrag. Beispiele sind Alex, Kim, Jona, Mika, Toni, Robin. (Hier geht es zum Beitrag „Namen ohne Grenzen? Die Entwicklung von Unisexnamen“.)

Gibt es Vornamen, die ich nicht wählen darf?
Ja, eindeutig geschlechtswidrige Namen (z. B. Johannes bei weiblichem Eintrag, Sophia bei männlichem Eintrag) sind nicht zulässig – ebenso wenig wie Namen, die nicht den Vornamenrichtlinien entsprechen. (Hier geht es zum Beitrag „Vornamenvergabe in Deutschland – nicht jeder Vorname ist erlaubt“.

Kann ich meinen Vornamen später erneut ändern?
Eine erneute Änderung ist grundsätzlich möglich, aber nicht unbegrenzt oft. Wer innerhalb eines Jahres nach der Änderung einen weiteren Antrag stellt, muss gute Gründe angeben. In der Regel muss mindestens ein Jahr seit der letzten Änderung vergangen sein.

Was mache ich, wenn das Standesamt meinen Wunschnamen ablehnt?
Im Fall einer Ablehnung kannst du Widerspruch einlegen oder dich an die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) wenden, die viele Standesämter bei Vornamensfragen berät. Dort kann geprüft werden, ob dein Wunschname prinzipiell zulässig ist. Ist dies der Fall, kannst du ein Gutachten darüber in Auftrag geben und dieses dem Standesamt vorlegen. In der Regel wird der Name dann problemlos eingetragen.

Quellen

https://gfds.de/das-selbstbestimmungsgesetz-sbgg-und-die-vergabe-von-vornamen/

Frauke Rüdebusch, Die beliebtesten Vornamen 2024. Diversität und Vielfalt durch SBGG und Unisexnamen. In: Der Sprachdienst 4–5/2025, S. 129–149.

https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/gesetze/gesetz-ueber-die-selbstbestimmung-in-bezug-auf-den-geschlechtseintrag-sbgg–224546

Teilen:

Weitere Beiträge