
Wenn Elterne in Kind bekommen, stehen sie vor einer der schönsten und gleichzeitig schwierigsten Entscheidungen: Welchen Namen soll das Kind tragen? Manche Familien einigen sich auf einen einzigen Vornamen. Andere vergeben gleich zwei oder sogar mehrere Vornamen. Das führt uns zu einer Frage, die im Alltag oft eine untergeordnete, wenn überhaupt eine Rolle spielt: nämlich nach der Unterscheidung zwischen Erstnamen und Folge- bzw. Zweitnamen. Der sogenannte Rufname wiederum kann beides sein.
Der Erstname – ein öffentlicher Begleiter
Der Erstname ist der Vorname, der in der Geburtsurkunde an erster Stelle steht. Folgt kein weiterer Name, ist der einzige Name gleichzeitig der Erstname. So ist bei einem Mädchen namens Emma Sophie Müller der Erstname Emma, ein Junge namens Luca Adrian Florentin Schmidt trägt Luca als Erstnamen.
Übrigens: Auch die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) berücksichtigt diese Unterscheidung in ihrer „Liste der beliebtesten Vornamen“, die sie jährlich veröffentlicht: So gibt es neben einer Gesamtliste mit allen Namen sowohl eine Liste der beliebtesten Erstnamen als auch eine Liste der beliebtesten Folgenamen. Und darin wird deutlich: Die Unterschiede zwischen diesen Listen könnten kaum ausgeprägter sein.
Der Folgename – leise, aber bedeutsam
Alles, was nach dem Erstnamen kommt, zählt zu den Folgenamen, ob man nun zwei oder sogar mehr Namen hat. Sie sind im Alltag oft unsichtbar – wohl kaum jemand sagt zu seinem Kind: „Nimm dir einen Snack, Lina Karlotta Elfriede!“ Trotzdem haben sie oft eine starke emotionale oder kulturelle Bedeutung.
Manche Eltern wählen den Namen eines Familienmitglieds, um es in Ehren zu halten, andere greifen auf einen traditionellen Vornamen zurück, der schon seit Generationen in der Familie weitergegeben wird. Auch religiöse Motive können eine Rolle spielen: Namen von Heiligen, biblische Namen oder Namen aus einer bestimmten spirituellen Tradition finden sich oft an zweiter oder dritter Stelle des Gesamtnamens. Dann gibt es Eltern, die sich nicht zwischen zwei Namen entscheiden können und daher beide nehmen. Und wieder andere finden Mehrfachnamen einfach schön. Auch lautliche Gründe können bei Folgenamen eine Rolle spielen: Der volle Name soll rund klingen und einen harmonischen Rhythmus haben – eine Kombination wie Frieda Charlotte Hohenheimer kann also melodischer wirken als schlicht Frieda Hohenheimer (hierzu Genaueres im Artikel „Tradition oder Trend – was beeinflusst Eltern bei der Namenswahl?“).
Der Rufname – Erstname oder Folgename?
Hat eine Person mehrere Vornamen, ist in den meisten Fällen (man geht im Allgemeinen von rund 90 Prozent aus) der erste Name jener, den das Kind im Alltag trägt und unter dem man es kennt. So ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass man Emma Sophie Müller und Luca Adrian Florentin Schmidt überall nur als Emma und Luca kennt. Dies ist der sogenannte Rufname. Er taucht auf in Kindergartenlisten, Freundschaftsbüchern, Zeitungsartikeln oder in den sozialen Medien. Dass er als Rufname im amtlichen Dokument oder in der Geburtsurkunde markiert wird, ist allerdings schon lange nicht mehr der Fall.
Genauso können sich Kinder mit mehreren Namen jedoch auch mit ihren Folgenamen vorstellen: z. B. als Sophie bzw. als Adrian oder Florentin – entweder weil sie schon immer so genannt wurden oder weil sie im Laufe ihres Lebens festgestellt haben, dass ihnen ein anderer ihrer Vornamen besser gefällt. Bei Kindern mit einem geschlechtsneutralen Erstnamen wie Luca kann es zudem sein, dass sie sich durch die Verwendung eines geschlechtsspezifischen Folgennamens eindeutig als männlich oder weiblich identifizieren möchten. Wollen sie ihren Rufnamen ändern, müssen sie dies nicht einmal dem Standesamt mitteilen.
Menschen mit mehreren Vornamen können sogar so weit gehen, in den verschiedenen Bereichen ihres Lebens ihre unterschiedlichen Vornamen zu nutzen – auch wenn dies zu vielleicht zu Verwirrung führt. So kann sich ein Junge in der Schule Luca nennen lassen, zuhause spricht ihn seine Familie als Adrian an und in der Musikschule kennt man ihn nur als Florentin.
Trend vorn, Tradition hinten
Erstnamen und Folgenamen unterscheiden sich nicht nur in ihrer Position, sondern auch darin, aus welchen Gründen bzw. nach welchen Motiven sie gewählt werden. Erstnamen folgen oft aktuellen Trends, spiegeln den Zeitgeist wider und klingen frisch und modern. Folgenamen dagegen sind die „Bewahrer“: Sie stehen für Beständigkeit, Herkunft und familiäre Bindung. Und der Rufname ist schließlich immer jener Name, der im Alltag verwendet wird.






