
Eva-Maria und Karl-Heinz, Finn-Luca und Mia-Sophie – vermutlich kennen wir alle jemanden mit einem solchen Namen. Bindestrich-Vornamen wirken durchaus vertraut, oftmals traditionell, manchmal modern. Aber wie verbreitet sind sie eigentlich heute noch? Schauen wir genauer hin, erkennen wir: Sie sind noch da, aber nicht mehr so beliebt wie früher.
In einer Studie wurden die im Jahr 2021 vergebenen Bindestrichnamen genauer unter die Lupe genommen: Wie häufig werden sie heute noch vergeben – und in welchem Bundesland sind sie am beliebtesten? Kommen sie eher als Erst- oder als Folgenamen vor? Und wie setzen sie sich eigentlich lautlich zusammen? Die Ergebnisse dieser Untersuchung fassen wir im Folgenden zusammen.
Was ist ein Bindestrich-Vorname?
Bei Bindestrich-Vornamen handelt es sich wenig überraschend um zwei Vornamen, die mit einem Bindestrich zu einem neuen Namen verbunden werden. Aus Eva und Maria wird Eva-Maria, aus Karl und Heinz wird Karl-Heinz. Wichtig ist dabei: Ein solcher Name gilt trotz seiner zwei Bestandteile rechtlich als ein einziger Vorname! Das bedeutet, dass beide Namen im offiziellen Kontext zusammen zu verwenden sind – man kann nicht einfach einen Teil weglassen.
Das unterscheidet Bindestrichnamen von getrennten Vornamen ohne Bindestrich wie zum Beispiel Karl Heinz. Anders als bei Karl-Heinz handelt es sich dabei um zwei Namen: Karl ist der Erstname, Heinz der Zweit- bzw. Folgename, und der Namensträger darf selbst entscheiden, welchen der Namen er im Alltag führen möchte oder ob er beide gemeinsam verwendet – selbst in einem so offiziellen Dokument wie einem Schulzeugnis. (Mehr zum Thema Erst- und Folgenamen erfährst du im Artikel „Erstnamen und Folgenamen: Die verborgene Dynamik hinter den Vornamenlisten“.)
Die Geschichte der Bindestrich-Vornamen
Mehrere Vornamen zu vergeben, ist keine neue Idee. Schon im 17. Jahrhundert war es üblich, Kinder nach Verwandten, Heiligen oder Taufpat(inn)en zu benennen. Anders als heute, wo von mehreren Namen im Alltag meist nur einer verwendet wird, wurden früher beide bzw. mehrere Namen als Rufnamen verwendet. Weil sich dies als unpraktisch erwies, entwickelten sich für den Alltagsgebrauch verkürzte Doppelformen: Aus Elisabeth Charlotte wurde Liselotte, aus Johannes Georg wurde Hansjörg. In die Kirchenbücher wurden jedoch die Vollformen der Namen eingetragen.
Das änderte sich erst mit der Einführung der Standesämter gegen Ende des 19. Jahrhunderts: Nun konnten auch Kurzformen regulär eingetragen werden: Hans statt Johannes, Liesel statt Elisabeth. Gleichzeitig begann man, diese Kurzformen wieder zu „verlängern“, indem man sie mit anderen Namen kombinierte – zunächst als Doppelformen (Lieselotte und Hansjörg), später mit einem Bindestrich (Liese-Lotte, Hans-Jörg). In den 1920er- und 1930er-Jahren wurden solche Bindestrichnamen dann regelrecht modern.
Mit der Zeit wurden auch Namen miteinander kombiniert, bei denen es sich nicht um Kurzformen handelte; der eigentliche Zweck, Mehrfachnamen alltagstauglicher zu gestalten, trat damit gänzlich in den Hintergrund. Bis in die 1980er-Jahre entstanden so Namen wie Nikolaus-Alexander oder Madeleine-Henriette – regelrechte Namensungetüme.
Seit den 1990er-Jahren geht der Trend zurück.
Wie beliebt sind Bindestrich-Vornamen heute?
Die erwähnte Studie zu Bindestrich-Vornamen zeigte: Im Jahr 2021 erhielten etwa 1 % der neugeborenen Jungen und 1,4 % der neugeborenen Mädchen einen Bindestrichnamen – das sind fast 13.000 Kinder. Diese Form der Namen ist also kein Massenphänomen mehr, aber auch kein Auslaufmodell. Ein Vergleich mit dem Jahrgang 2014 zeigt jedoch: Damals waren Bindestrichnamen etwas häufiger, sie befinden sich also noch immer auf dem Rückzug.
Was allerdings nicht überrascht: Bindestrichnamen werden viel häufiger als Erstnamen (oder gar als einzige Namen) vergeben denn als Folgenamen. Kinder mit Mehrfachnamen wie Lisa-Marie Emilia oder Liam-Noel Matteo sind also die Ausnahme.
Die beliebtesten Kombinationen
Bei Mädchen:
- Mia-Sophie
- Anna-Maria
- Anna-Lena
- Marie-Sophie
- Lea-Sophie
Bei Jungen:
- Finn-Luca
- Ben-Luca
- Muhammed-Ali
- Karl-Heinz
- Franz-Josef
Wo sind Bindestrich-Vornamen besonders beliebt?
Bei der Vergabe von Bindestrichnamen zeigen sich deutliche regionale Unterschiede. Besonders in Ostdeutschland und im Norden werden Bindestrichnamen vergleichsweise häufig vergeben – gerade in den ostdeutschen Bundesländern Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Thüringen.
Klang und Struktur: Was macht einen erfolgreichen Bindestrich-Vornamen aus?
Betrachten wir die jeweils beliebtesten 100 Bindestrichnamen des in der Studie untersuchten Jahrgangs, so zeigen sich ganz bestimmte klangliche Muster – mit deutlichen Unterschieden zwischen Mädchen und Jungen:
- Bei Mädchennamen fällt vor allem die starke Konzentration auf bestimmte Zweitglieder auf: In rund 80 % der Kombinationen steht Sophie, Marie oder Maria an zweiter Stelle. Bei den Jungen hingegen ist die Vielfalt größer – sowohl Erst- als auch Zweiglieder sind deutlich breiter gestreut.
- Auch bei den Anfangsbuchstaben zeigen sich geschlechtsspezifische Vorlieben: Mädchenvornamen beginnen besonders häufig mit klangvollen Lauten wie A (Anna), L (Lena), M (Marie) oder E (Emma). Solche Muster lassen sich bei Jungennamen nicht beobachten.
- Ein weiteres Merkmal ist eine gerade bei Mädchennamen häufig vorkommende bestimmte Silbenstruktur rhythmische Abfolge, bei der die erste Silbe des Erstglieds leicht und die zweite Silbe des Zweitglieds stark betont wird (z. B. Mia-Sophie, Emma-Marie). Dieses Muster findet sich bei über der Hälfte der Mädchennamen, aber auch bei vielen Jungennamen (Milan-Noel, Liam-Joel). Dennoch sind die Kombinationen der Jungennamen insgesamt klanglich vielfältiger.
- Zudem haben über 80 % der Mädchennamen zweisilbige Erstglieder. Einsilbige Namen sind hier selten – was nicht nur an der Rhythmik, sondern auch an der insgesamt geringeren Verbreitung einsilbiger Mädchennamen liegt. Auch bei Jungen überwiegen zweisilbige Erstglieder – annähernd ebenso häufig sind hier allerdings einsilbige Namen als Erstbestandteil (Finn-Luca, Ben-Elias).
- Auffällig ist auch die größere stilistische Bandbreite bei den Jungennamen: Neben modernen Vornamen finden sich viele Kombinationen mit Bestandteilen aus dem arabischen oder slawischen Sprachraum (z. B. Abdul-Malik, Iulian-Andrei), aber auch klassische Namenkombinationen, die an ältere Generationen erinnern (z. B. Franz-Xaver, Hans-Jürgen).
Fazit: Bindestrich-Vornamen sind ein Nischenphänomen
Bindestrich-Vornamen sind heute weder in Vergessenheit geraten, noch sind sie als Dauerbrenner zu bezeichnen: Sie haben ihren Platz in unserem Namenschatz. Auffällig ist der Trend zu wohlklingenden Kombinationen mit Sophie und Marie – dies ist auch Ausdruck der geringeren Vielfalt bei den Mädchennamen im Vergleich zu den Jungennamen.
Verband man Bindestrichnamen früher eher mit Seriosität oder Familientradition, steht heute meist Klang und Individualität im Vordergrund. So wirken viele der heute vergebenen Bindestrichnamen modern und melodisch – was zeigt, dass sie sich gewandelt haben. Vielleicht gelingt es ihnen so, ihre bislang etwas verstaubte Wirkung mit der Zeit abzulegen. Denn auch wenn er seltener geworden ist: Ganz verschwinden wird der Bindestrich zwischen zwei Vornamen so schnell wohl nicht.
Quellen
Konrad Kunze, dtv-Atlas Namenkunde. Vor und Familiennamen im deutschen Sprachgebiet. München 2004.
Damaris Nübling et al., Namen. Eine Einführung in die Onomastik, Tübingen 2012.
Frauke Rüdebusch, Die beliebtesten Vornamen 2021. James-Dean und Lilli-Marleen – wie aktuell sind Bindestrichnamen? In: Der Sprachdienst 4–5/2022.
Wilfried Seibicke, Die Personennamen im Deutsch. Berlin 1982.
Wilfried Seibicke, Das Problem der Bindestrich-Vornamen. In: StAZ Das Standesamt 11/1995.
Wilfried Seibicke, Vornamen. Frankfurt am Main/Berlin 2002.






