
Kennst du eigentlich deinen Namenstag? Wenn die Antwort nein lautet, bist du wahrscheinlich nicht allein. Wir haben uns gefragt: Sind Namenstage nur eine Replik aus der Vergangenheit? Oder sind sie heute noch von Bedeutung?
Worum geht’s beim Namenstag?
Die meisten haben wohl im Hinterkopf, dass es ihn gibt: den eigenen Namenstag. Doch was hat es eigentlich damit auf sich? Bei dieser Frage kommt der eine oder die andere vielleicht ins Straucheln. Das Feiern von Namenstagen ist eine christliche Tradition, vor allem in der katholischen Kirche. Hier ist der Namenstag der Gedenktag der Namenspatronin oder des Namenspatrons. So gedenkt man Heiligen und Seligen in der Regel an Ihrem Todestag, insbesondere im Rahmen von Gottesdiensten. Traditionell wird der Namenstag aber auch wie ein Geburtstag gefeiert – mit Glückwünschen, Familienfeiern, Gästen, kleinen Geschenken und Kuchen. Dabei wird nicht nur die heiliggesprochene Person gefeiert, sondern auch die Person, die ihr nachfolgt: das „Namenstagskind“. Für manche Christen hat der Namenstag sogar noch einen wichtigeren Stellenwert als der Geburtstag, da letzterer nur als Zufallstag gilt.
Die Tradition des Namenstages
Die Tradition, seine Kinder nach Heiligen zu benennen, ist sehr alt. Sie hat ihren Ursprung im 4. Jahrhundert, und zwar zunächst in den Ostkirchen, also in den christlichen Kirchen, deren Ursprünge im östlichen Teil des ehemaligen Römischen Reiches lagen. Durch das Feiern von Namenstagen wollten sich Christen ihres Platzes in der Glaubensgemeinschaft vergewissern und an die Vorbilder erinnern. Gleichzeitig wollten sie ihre Kinder unter den besonderen Schutz der Heiligen stellen. In den westlichen Kirchen wurde dies erst im Hochmittelalter (11. bis 13. Jahrhundert) üblich. Hier ging die Tradition denn auch dazu über, einem Kind bei der Taufe den Namen der/des jeweiligen Tagesheiligen zu geben. Somit fielen Tauf- und Namenstag auf denselben Tag. In den Kirchenbüchern wurde dann der Tag der Taufe, nicht aber der Geburtstag dokumentiert – ein Grund, warum viele Menschen ihren genauen Geburtstag nicht kannten.
Entwicklung der Tradition
Im 16. Jahrhundert verfestigte sich die Namenstag-Tradition durch die Reformation. Während die Protestanten Heiligennamen ablehnten, machte das Konzil von Trient eine entsprechende Namensvergabe sogar zu einer Art Pflicht. Auf diese Weise wollte man sich vom Protestantismus absetzen. Nach der Reformation setzte sich diese Spaltung fort: In katholischen Gebieten feierte man nach wie vor den Namenstag, in protestantischen setzte sich der Geburtstag durch. Die nunmehr vor allem katholische Tradition hatte bis ins 20. Jahrhundert hinein Bestand. Noch nach dem Gesetzbuch des katholischen Kirchenrechts der römisch-katholischen Kirche (Codex Iuris Canonici) von 1917 war die Wahl von nicht christlichen Vornamen verboten. Erst seit den 1960er-Jahren wurden in den westlichen Gesellschaften immer seltener christliche Vornamen vergeben, und immer mehr katholische Christen gingen dazu über, den Geburtstag anstelle des Namenstages zu feiern.
Bedeutung des Namenstages heute
Der Bedeutungsverlust von Religion und die zunehmende Säkularisierung tragen bis heute zu dieser Entwicklung bei. Entsprechend ist die Vergabe von christlichen Vornamen in Deutschland rückläufig: Betrug der Anteil christlicher Vornamen 1894 noch 50 Prozent, lag er 1994 nur noch bei 32 Prozent. Eine Ausnahme bilden stark christlich geprägte Regionen oder Familien, in denen der Glaube eine große Rolle spielt; hier hat der Namenstag weiterhin Bedeutung. So vergeben Eltern, denen die Tradition wichtig ist, immer noch Heiligennamen an ihre Kinder. Je nach Region oder Familientradition wird am Namenstag zum Beispiel die Taufkerze entzündet, ein Gottesdienst besucht, ein Fest gefeiert oder die Geschichte des Heiligen nachgelesen.
Namenstage in der Institution Kirche
Die katholische Kirche stellt heutzutage allerdings keine Regeln für die Vornamenvergabe mehr auf. Im Kirchenrecht heißt es lediglich, dass „kein Name gegeben wird, der christlichem Empfinden fremd ist“ (https://www.codex-iuris-canonici.de/cic83_dt_buch4.htm). Gleichzeitig hat es für die Erstkommunion oder die Firmung keine Nachteile, wenn Kinder kein Namensvorbild haben. Ansonsten spielen Namenstage aber nach wie vor eine große Rolle im Rahmen von katholischen Gottesdiensten. So gibt es verschiedene Heiligenkalender und in den liturgischen Kalendern sind Namenstage fest verankert. Auch Ordensleute erhalten weiterhin Namen von Heiligen und feiern den entsprechenden Namenstag. Ein berühmtes Beispiel ist Papst Leo XIV., der sich nach dem heiliggesprochenen Papst Leo I. benannt hat.
Vergabe von christlichen Vornamen
In den meisten katholischen Familien wählen Eltern Vornamen heute nicht mehr nach einer Schutzpatronin oder einem Schutzpatron aus. Vielmehr richtet sich die Wahl eines Vornamens nach modischen Trends bzw. danach, ob er schlichtweg schön klingt. Das unterstreicht auch eine Studie zu den Motiven der Vornamenwahl, die 2014 von der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) durchgeführt wurde. Gleichzeitig schließt der Trend zum Wohlklang die Vergabe von christlichen Namen nicht aus. So belegt etwa Noah schon seit einigen Jahren Platz 1 der häufigsten Jungennamen, und auch Hanna(h) gehört schon eine ganze Weile zu den Top Ten der beliebtesten Mädchennamen. Gleichzeitig werden traditionelle Vornamen heute gerne als Folgenamen vergeben – so stehen etwa Maria, Elisabeth, Elias, Joseph und Michael relativ beständig in den Top Ten der Folgenamenlisten.
Moderne Interpretation des Namenstages
Wenn die Namenstag-Tradition heute auch von geringerer Bedeutung ist, so ist doch die Idee, den eigenen Vornamen zu feiern, nicht unattraktiv. Schließlich ist der Vorname für jeden Menschen etwas ganz Besonderes – auch ohne religiösen Hintergrund. So wundert es beispielsweise nicht, dass im Marketing Namenstage als Kundenbindungsmaßnahme eingesetzt werden.
Im Übrigen gibt es keine Regeln für die Zuteilung von Namenspatron(inn)en. Es ist immer möglich, sich nachträglich eine Vorbild-Persönlichkeit zu suchen. Zunächst sollte man daher herausfinden, ob es einen offiziellen Gedenktag zum eigenen Vornamen gibt. Das muss nicht immer der Fall sein, zum Beispiel bei fremdsprachigen oder erfundenen Vornamen.
Tipps zur Namenstag-Suche
Es gibt keinen offiziellen Gedenktag zu deinem Vornamen? Dann mach dich auf die Suche nach deinem Namenstag – in nur zwei Schritten!
Schritt 1:
Informiere dich über die Herkunft und Bedeutung deines Vornamens, etwa:
- in Vornamenbüchern
- in Online-Namensportalen (aber Vorsicht: Nicht alle sind seriös)
- über eine Vornamenberatungsstelle, z. B. die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS)
Schritt 2:
Lass dich inspirieren und schau in den offiziellen Heiligenkalendern, ob es Verbindungen zwischen der Herkunft und Bedeutung deines Vornamens und den Geschichten möglicher Namenspatron(inn)en gibt.
Hier sind Links zu Heiligenkalendern im Internet:
https://www.heiligenlexikon.de/
https://namenstage.katholisch.de/namenstage.php
Viel Spaß beim Suchen und Finden!
Bekannte Namenstage
Geht es um die heutige Bedeutung von Namenstagen, dürfen wir nicht vergessen, dass die Gedenktage von ganz bestimmten Glaubenspersönlichkeiten zu ganz anderer Berühmtheit gelangt sind – so etwa der Nikolaustag nach dem heiligen Nikolaus von Myra, der Johannistag nach Johannis dem Täufer, der Valentinstag nach dem heiligen Valentinus, die Walpurgisnacht nach der heiligen Walpurga oder der Martinstag nach dem heiligen Martin.
Ausblick
In Lettland werden inzwischen auch zu Namen ohne Glaubensvorbild Namenstage festgelegt. Ebenso gibt es in Finnland einen Namenstagskalender für die schwedischsprachige Minderheit (schwedisch-finnischer Almanach). Ob etwas Vergleichbares auch in Deutschland üblich wird, bleibt abzuwarten. Fest steht: Unser Vorname ist und bleibt etwas Besonderes. Warum also nur den Geburtstag feiern, wenn der Namenstag ein ebenso höchst individueller Anlass ist?






